Charlotte Weaver graduierte 1912 von der American School of Osteopathy. Die enge Verbindung zu A.T. Still regte sie zur Erforschung es Schädels an. 1935 schien ihre Arbeit so weit gereift, dass Weaver sie der dem Vorstand der American Osteopathic Association vorstellen konnte. 1936 veröffentlichte sie ihren ersten wissenschaftlichen Beitrag im JOurnal of American Osteopathic Association; bis 1938 sollten noch 12 weitere folgen.
In diesen Artikeln nimmt Weaver an, dass die Schädelknochen modifizierte Wirbelkörper seien und ihre embryologische Entwicklung mit jener des axialen Skeletts konsistent verlaufen.
Das Zentrum des ersten kranialen Wirbelkörpers ist hierbei das Dorsum sellae, das des zweiten Wirbelkörpers das Os sphenoidale und das des dritten Wirbelkörpers die Basis occipitalis. Die übrigen kranialen Wirbelkörper können morphologisch als vertrebrale Einheiten in den präkaudalen und kaudalen Gebieten des Nervensystems bezeichnet werden.
Weaver arbeitete vor allem in Akron (Ohio) und Paris (Frankreich). Ihr Hauptinteresse galt dabei zwar den „neuronalen und mentale Störungen“, sie behandelte aber das gesamte Spektrum ärztlich zu versorgender Beschwerden jener Zeit.
Den Haupteil ihrer Forschung, der auch umfangreiche Schädeldissektionen umfasste, erfolgte in Paris. Mittels lateraler Röntgenaufnahmen des Schädels dokumentierte Weaver die physiologischen und pathologischen Zustande der gelenkigen Verbindung zwischen Dorsum sellae und der Basis sphenoidalis. Sie lehrte ausführlich während AOA-Kongressen in ihrer Heimat, aber auch im Ausland. Aus bisher unbekannten Gründen geriet sie aber ab Mitte der 1940er in Vergessenheit.
Einige von Weavers Ideen und Terminologie weichen vom heutigen Verständnis ab. Das hat dazu geführt, dass ihre Schlussfolgerungen als inkorrekt betrachtet wurden. Viele meiner Kollegen und ich selbst finden ihre Beiträge hingegen bahnbrechend. Sie liefern fehlende Verknüpfungen und helfen das kraniale Konzept zu vervollständigen. Der Benefit, den Patienten durch Behandlungtechniken im Bereich des Dorsum sellae und der sphenobasilaren Basis erfahren, bedarf eindeutig eines Ansatzes, der über die üblicherweise gelehrten Strainpatterns hinaus geht.
Weavers Arbeit verweist auf wesentlich umfangreichere Forschungsarbeiten in diesem Bereich. So postuliert sie beispielsweise ein neuromesodermales Integrationszentrum im hinteren Drittel des Hypophysenhinterlappens. Erleben wir möglicherweise Verbesserungen bei Patienten, die an Bindegewebserkrankungen leiden, indem wir strukturelle Pathologien im Bereich der Sella turcica behandeln? Weiterhin behauptet sie, dass das Prosencephalon eine Rolle bei der Vibrationssynthese und das Rhombencephalon bei der Chemosynthese spielt, und, dass das Mesencephalon als als Integrationszentrum dient.
Unsere Arbeit ist prädestiniert dafür, um jene Charlotte Weavers weiterzuführen.
Quelle: M. Sorrel (Autorin); Übersetzung C. Hartmann
Klappentext
CHARLOTTE WEAVER, DO, FACN, N, 1884-1964, verstand die Schädelknochen als drei stark modifizierte Wirbel, die läsionsanfällig und osteopathisch behandelbar wären. Sie vertrat die These, dass es ein neuromesodermales Integrationszentrum im hinteren Drittel des Hypophysenhinterlappens gebe und erforschte die Rolle der Epiphyse ebenso wie die unterschiedlichen Funktionen von Prosencephalon, Mesencephalon und Rhombencephalon. Dies wegweisende Buch enthält ihre Biografie, eine lesbare Interpretation ihrer bahnbrechenden Arbeiten und ihre Vorschläge zu möglichen Forschungsprojekten bezüglich Bindegewebskrankheiten. Ihre Beiträge ermöglichen zusammen mit denen von Sutherland ein umfassenderes kraniales Konzept.
Rezensionen
„Dr. A. T. Still, Begründer der Osteopathie, erklärte seinen Schülern, dass der Titel ‚DO’, der Ihnen zum Abschluss verliehen wurde, zusätzlich für ‚dig on’ [‚weitergraben’] stehe. Und nun nimmt eine andere großartige Osteopathin, Margaret Sorrel, mit diesem Buch die daraus erwachsende Verantwortung wieder auf, indem sie die Forschung und die Persönlichkeit einer unserer vergessenen Pionierinnen, Charlotte Weaver, wiederauferstehen lässt. Diese Lektüre ist vorzüglich in Bezug auf ihre Komplexität und Brillianz, die vom Embryo bis zu den klinischen Anwendungen reichen.“
R. PAUL LEE, DO, FAAO, Autor von Interface
„Unglaublich! Margaret Sorrel, DO, hat der Osteopathenschaft die Möglichkeit für einen Erkenntnissprung eröffnet... Dieser wohlüberlegte und wunderbar aufbereitete Text wird unseren Geist anregen, unsere Ausübung der Osteopathie vertiefen und weitere Nachforschungen auslösen.“
ZINA PELKEY, DO, New York City
„Die einzigartigen Arbeiten von Charlotte Weaver, ihre bahnbrechende Forschung, ihr Leben und ihre osteopathische Vision haben darauf gewartet, ans Licht geholt zu werden... Durch ihre beispiellose Hartnäckigkeit, Ausbildung und Praxis vervollständigt Margaret Sorrel diese Vision für uns. Charlotte Weaver: Pionierin der kranialen Osteopathie ist unverzichtbar zur Förderung des kranialen Konzepts in der Osteopathie.“
BRUNO DUCOUX, DO, MRO (France)
„Um es mit Will Sutherlands Worten zu sagen, Sorrel hat ‚den Vorhang beiseite gezogen’, um Aspekte der kranialen Osteopathie zu enthüllen, die den meisten von uns entgangen sind. Es ist erstaunlich, wie wenig von Weavers Arbeit bisher in unsere Forschung und Lehre der Osteopathie im kranialen Bereich eingeflossen ist. Das Auslassen von Dr. Weavers Beiträgen hat Parallelen zu der Erfahrung von Beryl Arbuckle DO, einer anderen brillanten Praktikerin und Wissenschaftlerin. Diese Aktualisierung ist ein willkommener Zuwachs in der osteopathischen Literatur.“
FRED L. MITCHELL JR., DO, FAAO, FCA, Autor von The Muscle Energy Manual
Das Kompendium enthält die wichtigsten Fachartikel und kleinere Abhandlungen des bedeutendsten Gründervaters der Osteopathie, nach A.T. Still. In den 55 Beiträgen erhalten Sie einen guten Überblick Littlejohns Philosophie der Osteopathie, seine Einstellung zur osteopathischen Ausbildung und berufspolitischen Ansichten.
Besonders interessant sind seine Reisebeschreibungen nach Europa schon um die Jahrhundertwende, aber auch die Abschlussreden während seiner Lehrtätigkeit in Kirksville (1898-1900). Die wenigen klinischen Artikel zeugen deutlich von der klaren Handschrift des wohl größten osteopathischen Wissenschaftlers seiner Zeit. Das Littlejohn-Kompendium als kleines Panoptikum seiner Philosophie der Osteopathie ist die ideale Grundlage vor der Lektüre seiner weiteren Schriften (s. unten im Cross-Selling)
Rezension
"Es handelt sich hier um einen Wissensschatz, den die Osteopathie des 21. Jahrhunderts gut gebrauchen kann. Es wäre diesem Kompendium zu wünschen (ebenso wie den Still- und Sutherland-Kompendien), dass ... dass die Lektüre der Schriften der Gründerväter als ein essenzieller Bestandteil der osteopathischen Bildung und Ausbildung begriffen wird....Nicht nur kaufen. Lesen!" (F. Kaiser, DO, 3/2010)
Anmerkung
Bis heute existieren keine öffentlich zugänglichen Dokumente mit ausführlichen biomechanischen Beschreibungen oder Zeichnungen. Veröffentlichungen, wie etwa die Fundamental of Osteopathic Lesions, die Entsprechendes beinhalten und unter dem Namen Littlejohn veröffentlicht wurde, sind nachträglich mehr oder weniger editiert worden (hier: John Wernham). Da historische Authentizität für JOLANDOS höchste Priorität hat, finden Sie in dem Kompendium folglich kaum biomechanisch orientierte Texte. Bis die existierenden Originale zu Littlejohns biomechanischer Arbeit öffentlich zugänglich sind (zumeist werden diese von Privatpersonen unter Verschluss gehalten), damit eine Gegenprüfung möglich ist, sind Werke wie die Fundamentals inhaltlich und historisch auf Littljohn bezogen irrelevant.
Inhalt
Unterweisungen in der Wissenschaft der Osteopathie
Einige Überlegungen
Die Schädelsphäre
Mit klugen Fingern (Autorin: Adah S. Sutherland)
Vorwort von Rachel Brooks (Sutherland Cranial Teaching Foundation, Inc.)
William Garner Sutherland entwickelte die Grundlagen der Kraniosakralen Therapie. Als Schüler von A.T. Still beendete er 1900 an der renommierten American School of Osteopathy seine osteopathische Ausbildung und widmete sich fortan der Übertragung des osteopathischen Konzepts auf den Schädel. Dabei entdeckte er u.a. die funktionelle Bedeutung des kraniosakralen Systems mit seinem Primärrhythmus, den „Tiden“ (Gezeiten), der „Flüssigkeit in der Flüssigkeit“, der „reziproke Spannungsmembran“. Viele neue und aufregende Aspekte der Osteopathie und nicht zuletzt das gesamte Fundament der kraniosakralen Therapie gehen auf Sutherland zurück. Zusammen mit seiner Frau, die ihn v.a. bei der Umsetzung seiner Veröffentlichung entscheidend unterstützte und Mit klugen Fingern eines der meistgelesenen Werke innerhalb der Osteopathie geschrieben hat, schufen die Sutherlands einen fruchtbaren literarischen Boden für die Entwicklung einer der Säulen innerhalb der Osteopathie.
Rezensionen
“Der Klassiker schlechthin…. Die Art und Weise, mit der Sutherland den Leser in die Anatomie z.B. des kraniosakralen Systems einbezieht ist genial, präzise und erfrischend verständlich. Dem Leser erschließt sich die Wichtigkeit der Anatomie und Embryologie mit einer Selbstverständlichkeit, die Lust auf „mehr“ macht. Kein Anatomiebuch kann das so ‚osteopathisch’ und eindringlich bieten… Man gelangt zu einem tiefern Verständnis der Struktur und Abläufe innerhalb des Organismus. Die sich daraus ergebenden Behandlungen verstehen sich dann eher als ein Reagieren auf eine Ausrucksweise des Systems und weniger als ‚Techniken’. Gerade das ist es, was dieses Buch als Klassiker auch wirklich zu einem Klassiker macht. Es vereint einen ganzen Bücherschrank in sich... Man spürt, mit wie viel Arbeit, Mühe, Verantwortung und Geduld sich hier Übersetzer und Herausgeber an die Arbeit gemacht haben. Ein Buch, das jeder Osteopath verinnerlichen sollte…“ [Kerstin Schmidt, Ärztin und Osteopathin,
Osteopathische Medizin, 9 Jhrg., Heft 1/2008, S. 44-45]
HINWEIS: Dieses Buch entspricht einer kommentierten Auskopplung des zweiten Bandes aus Das große Still-Kompendium!
Mit ausführlichem Kommentar von C. Hartmann
Ursprüngliche Osteopathie an der Quelle!
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckte der amerikanische Landarzt A.T. Still (1828–1917) die grundlegenden Prinzipien eines neuen und streng gesundheitsorientierten Heilverfahrens, das er ‚Osteopathie‘ nannte. Er verstand diesen Ansatz als Philosophie, Wissenschaft und Kunsthandwerk, der von wissensdurstigen, eigenständig denkenden und kritischen Therapeutinnen und Therapeuten mit den Händen praktiziert wird.
Die von Still zwischen 1897 und 1910 zur Osteopathie verfassten vier Bücher gelten als legitime Gründungsdokumente der Osteopathie. Im hier vorliegenden zweiten Buch, Die Philosophie der Osteopathie (1899), führt er die grundlegenden Prinzipien der Osteopathie erstmalig umfassender aus.
Die deutsche Übersetzung des Originaltextes wurde durch zahlreiche Fußnoten und einen ausführlichen Kommentarteil ergänzt. Der interessierte Leser erhält darin Informationen über Zeit und Umfeld, in denen Still gelebt hat, sowie Deutungsmöglichkeiten seiner Sprache.
Rezension
"Viele Fragen, die dem Leser bei Stills Text aufgekommen sein könnten, werden hier beantwortet und der vorab gelesene Text von Still erscheint möglicherweise in einem anderen Licht. Wer sich aber mit Stills Text schwer tut, dem wird empfohlen, die Kommentare vorab zu lesen. [...] Zusammenfassend ist dieses Buch wirklich „Pflichtlektüre“, jetzt umso mehr mit einem interessanten und gut zu lesenden Kommentar von Christian Hartmann, der uns die Gedankenwelt und die Philosophie der Osteopathie des Gründervaters noch ein Stückchen näherbringt. Das Buch [...] gehört, wenn nicht schon vorhanden, in jede Bibliothek eines Osteopathen." (Dr. Jürgen Grasmück, Med. Leiter der Slaztal Klinik in Bad Soden-Salmünster, DO 3/2021)
Das Begleitbuch zur Vortragsreihe bzw. dem Seminar Historisch reflektierte Osteopathie
Mit vielen Reflexionen zur Bedeutung dargelegter historischer Ereignisse für die unmittelbare therapeutische Gegenwart und einen selbst in ihr! (Praxisalltag, Pandemie, Impfung, technisch-ökonomische Medizin, Identitäts-Chaos in der Osteopathie etc.)
Auf dem Weg zu einer konditionalen Heilkunst!
Eine spannende und weite Reise – auch jenseits des osteopathischen Horizonts!
Will man die Identität bzw. das Identitäts-Chaos der gegenwärtigen Osteopathie verstehen, kommt man um ihre Geschichte nicht umhin, denn Identität ergibt sich niemals aus der alleinigen Gegenwartsanalyse.
Diese Geschichte der Osteopathie beginnt nicht mit A.T. Still (1828-1917), dem Entdecker der Philosophie der Osteopathie, denn er selbst ist auch nur Teil eines viel größeren Bildes. Eines, das letztlich bis zu den kulturellen Anfängen der Menschheit zurückreicht. Soweit muss die Zeitreise auch gehen, will man die gegenwärtige Osteopathie also als Ganzes begreifen. Auf diese Zeitreise wird Sie das Buch mitnehmen. Dabei ist für Spannung gesorgt, denn durch eingestreute Reflexionen wird stets ein unmittelbarer Gegenwartsbezug hergestellt, bei dem interessante und zuweilen kritische Fragen und Gedanken auftauchen werden (z.B. Gibt es Krankheiten überhaupt ind er physikalischen Wirklichkeit, oder sind es nru Begriffe?).
Teil I – Heilphilosophien im Wandel
Die Zeitreise des ersten Teils führt von der frühen Menschheit bis in die Entstehungszeit der Osteopathie Ende des 19. Jhdts., im Grenzland der USA. Sie werden mit wichtigen kulturhistorischen Rahmenbedingungen vertraut gemacht und wie diese die in ihnen entstandenen Heilphilosophien geprägt haben. Dabei werden wesentliche Inhalte schamanistischer Medizin, Priester-Medizin, Hippokratischer Medizin, klerikaler Medizin, heroischer Medizin und Schulmedizin, sowie deren Bedeutung für das therapeutische Selbstverständnis beleuchtet.
Am Ende des ersten Teils versteht man:
Ein vertieftes Verständnis einer Heilphilosophie ist ohne die Kenntnis der sie begründenden kulturellen Rahmenbedingungen mit ihrem Menschen- und Naturbild unmöglich. Man versteht: Die Bedeutung einer Heilphilosophie ergibt sich erst im Verhältnis zu anderen Heilphilosophien. Man versteht: Alle Heilphilosophien hängen mehr oder weniger miteinander zusammen. Man versteht: Es gibt mit der Konstitutions- und der krankheitsorientierten Medizin zwei grundsätzlich unterschiedliche therapeutische Denkschulen in der westlichen Welt. Und man versteht: Therapeutisches Denken und Fühlen der Gegenwart ist keine individuelle Leistung, sondern Ergebnis einer Jahrtausende alten Prägung.
Mit diesem Rüstzeug im Gepäck folgt im zweiten Teil eine Betrachtung der Osteopathie.
Teil II – rsprüngliche Osteopathie und Weitere Entwicklung
Hier geht es vor allem um die ursprüngliche Osteopathie, ohne die eine moderne Osteopathie nicht verstanden werden kann. Wie im ersten Teil werden auch bezogen auf die ursprüngliche osteopathische Medizin zunächst wichtige kulturhistorische Rahmenbedingungen vorgestellt. Daraufhin folgt eine Vorstellung des Entdeckers der Osteopathie, des amerikanischen Landarztes A.T. Still (1828-1917), auf seiner Suche nach einer Reform im medizinischen Denken. An einigen Textfragmenten wird exemplarisch gezeigt, wie sich diese Suche bei Still schriftlich abbildet. Dabei wird auf Besonderheiten seiner Sprache eingegangen, ohne die ein Verständnis seiner Texte unmöglich ist. Schließlich erfolgt eine grobe Darlegung wesentlicher Inhalte von Stills ursprünglichen Philosophie der Osteopathie, wobei auf deren naturphilosophisches Fundament eingegangen wird.
Anschließend erfolgt in der gewohnten historisch reflektierten Weise die Darstellung der wissenschaftliche Ausarbeitung von Stills ursprünglicher Philosophie der Osteopathie durch J.M. Littlejohn und Louisa Burns. Auch auf die medizinhistorische Bedeutung dieser Arbeiten wird kurz eingegangen. Es folgt eine skizzenhafte Beschreibung von W.G. Sutherlands kraniosakraler bzw. qualitativer Erweiterung der ursprünglichen Osteopathie. Themen wie Naturphilosophie, Wissenschaft, Metaphysik, Spiritualität, qualitative Wahrnehmung etc. tauchen hierbei auf und werden wie im ersten Teil in den gesonderten Bereichen gegenwartsbezogen reflektiert.
Nach dieser Erarbeitung der ursprünglichen Osteopathie folgt eine kurze Darstellung der Gesamtentwicklung der Osteopathie seit der Gründerzeit. Da die gegenwärtige Osteopathie keine kohärente Identität besitzt, wird auf sie nicht mehr im Detail eingegangen. Vielmehr widmet sich der letzte Abschnitt den möglichen Gründen, die die Osteopathie in ihr aktuelles Identitäts-Chaos geführt haben könnten.
Zurück in der Gegenwart
Wieder in der Gegenwart angelangt, erkennen die LeserIinnen: Auf wichtige Gegenwarts-Fragen, wie Was ist Osteopathie?, oder Was ist die Philosophie der Osteopathie? gibt es aus guten Gründen keine 'handliche' Antwort. Vielmehr erkennt man, dass eine als Ganzes historisch reflektierte Osteopathie, d.h. eine Osteopathie, die eingebettet in ihre kultur- und medizinhistorischen Rahmenbedingungen betrachtet wird, weitaus mehr Fragen aufwirft, als sie Antworten geben kann. Aber man erkennt auch, dass es die ernsthafte Beschäftigung mit genau diesen Fragen ist, die die gegenwärtige Osteopathie wieder zum dem transformieren könnte, was sie ursprünglich einmal war: eine philosophische Konstitutionsmedizin. Und vielleicht noch wichtiger: Ganz individuelle und persönliche Fragen, die mit der Lektüre dieses Buchs für die LeserIinnen auftauchen, erschließen einen frischen Blick auf sich selbst und andere Menschen im therapeutischen Alltag.
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John Martin Littlejohn (1866-1947) gehört zu den brillantesten Osteopathen der Geschichte. Der hochdekorierte Akademiker erlernte dieses therapeutische Kunsthandwerk direkt von ihrem Entdecker, dem amerikanischen Landarzt A.T. Still (1828-1917). Bei ihm wirkte er auch als Lehrer für Physiologie und Psychophysiologie, die er in den osteopathischen Unterricht integrierte.
Littlejohns großer Verdienst ist es, Stills Osteopathie wie kaum ein zweiter Osteopath in der Geschichte nachhaltig durchdrungen zu haben. Dabei beließ er es - ganz nach Still Aufforderung an die Osteopathen, unabhängig zu Denken - nicht dabei, dessen Ideen unkritisch zu übernehmen, sondern er überprüfe sie mit handfester Forschung auf allerhöchstem wissenschaftlichen Niveau jener Zeit. Darauf aufbauend entwickelte er die Osteopathie insbesondere in den Bereichen der modernen Biomechanik und als Wissenschaft enorm weiter.
Für Littlejohn repräsentierte Osteopathie stets weit mehr als ein medizinisches Verfahren oder eine Art Komplementärmedizin. Da bei allen osteopathischen Überlegungen die Entfaltung der Lebenskraft und nicht die Bekämpfung von Krankheiten die zentrale Rolle spielt, steht das Leben (Bios) selbst im Zentrum aller therapeutischen Überlegungen. Und so versteht Littlejohn die Osteopathie folgerichtig auch als biologische Wissenschaft.
Das in diesem Buch zusammengefassten fünf zwischen 1931-1939 veröffentlichten Artikel belegen dabei, dass seine auch für die moderne Osteopathie herausfordernde und spektakuläre Sichtweise nach wie vor zu den großen, bislang ungehobenen Schätzen der Osteopathiegeschichte zu zählen ist.